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Vom Entziffern antiker Inschriften zum Entschlüsseln militärischer Funksprüche
27. Oktober 2017-19:00 - 21:00
Der Altphilologe Ludwig Deubner im Ersten Weltkrieg
Vortrag von Dr. Christian Deubner
Zu Kriegsbeginn am 31. Juli 1914 war Ludwig Deubner 37 Jahre alt und Professor für Klassische Philologie an der Universität Königsberg. Er meldete sich am 8. August auf seinem Polizeirevier als freiwilliger Landsturmmann und trat zehn Tage später den Dienst als Russisch-Dolmetscher auf der Groß-Funkstation der Festung Königsberg an, wo der russische Funkverkehr abgehört wurde.
Als er gerade seine ersten sechs Arbeitstage auf der Funkstation abgeleistet hatte, begann die Schlacht von Tannenberg. Der deutsche Sieg wurde begünstigt durch rechtzeitige Entdeckung der russischen Aufmarschpläne – enthalten in umfangreichen russischen Funksprüchen an deren Entzifferung Ludwig Deubner wohl bereits einen maßgeblichen Anteil hatte.
Wenige Monate später war er zum Architekt und Leiter eines neuen, zentral organisierten und gut funktionierenden Dienstes für Funkaufklärung und Dechiffrierung beim deutschen Oberkommando im Osten avanciert, dessen Erkenntnisse für die erfolgreiche deutsche Kriegführung dort unentbehrlich wurden.
Der Vortrag gibt einen kurzen Abriss dieser Geschichte in den ersten Kriegsmonaten, wie sie großenteils aus der historischen Literatur bekannt ist.
In einem zweiten Teil fragt er dann, wie sich diese großen Erfolge erklären lassen. Eine wichtige Antwort ist, dass es tatsächlich vom Entziffern antiker Inschriften und Kodizes zum Entschlüsseln militärischer Funksprüche kein so großer Schritt ist. Klassische Philologen waren und sind dabei begehrte Helfer und insofern war Deubner im August ‘14 der richtige Mann am richtigen Ort.
Andere spannende Fragen zu den Entwicklungen von 1914 sind dagegen bisher unbeantwortet geblieben. Hier wird der Vortrag zu einem ‘Ermittlungsverfahren‘, bei dem die bisher unveröffentlichten Tagebücher von Ludwig Deubner manchen interessanten, neuen Aufschluss geben, manche Behauptung entkräften. Die letzte Frage gilt noch einmal Deubners Beitrag zum Sieg von Tannenberg.
Christian Deubner ist Politikwissenschaftler, er promovierte bei Gilbert Ziebura und Hajo Riese an der Freien Universität Berlin, wo er sich später auch habilitierte. Er lehrte und forschte ab 1969 zunächst weiter in Berlin und seit 1975 an der Universität Konstanz. Von dort wechselte er 1978 zur Stiftung Wissenschaft und Politik in Ebenhausen, mit der er zur Jahreswende 2001/02 auch nach Berlin kam, zuletzt als Leiter der Europa-Forschungsgruppe. Neun Berufsjahre verbrachte er in Paris, 1986-89 als erster Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung, und 2002-2008 als Projektleiter beim Commissariat Général du Plan und dann als Wissenschaftler am CEPII. Sein fachlicher Schwerpunkt liegt in der Europapolitik. Seit 2007 arbeitet er in Berlin als Autor und Dozent und berät die Brüsseler ‘Foundation for European Progressive Studies (FEPS).
Anmeldung erbeten
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