Südende

Südende

In der Wanderbeschreibung von Aloys Hennes „100 Nachmittagsausflüge in die Umgebung von Berlin“ von 1884 ist zu lesen:
„Hier kann man der Enge der Hauptstadt entfliehen und die ländliche Ruhe und die Luftveränderung genießen. Fast jede Stunde ist durch die Potsdamer Bahn Gelegenheit geboten. Den rechten Genuß hat man aber nur dann, wenn man einen Spaziergang von der Bahn aus (in Steglitz) unternimmt, indem man die Albrechtstraße bis zu den Häusern verfolgt, wo links ein Pfad (laut Wegweiser) zur „Maihöhe“ hinaufleitet. An dieser Villa vorbei dem Wäldchen zu, und den Feldweg nach dem weit sichtbaren Aussichtsturm verfolgend, gelangt man nach dem Villenterrain Südende.“
Die Villen- und Landhauskolonie „Südende“, erst 1872 von der englischen Terrain-Actien-Gesellschaft gegründet, war noch zu jener Zeit ein dürftiger Flecken, weil ihm jede Vergangenheit fehlte. Auf dem ehemaligen Grund und Boden zweier Mariendorfer Bauern, den diese in der „Gründerzeit“ gewinnträchtig an den Fürsten von Schönburg in Tempelhof verkauft hatten und der diesen dann wiederum der schon erwähnten Terrain AG überließ. Rund 400 Parzellen entstanden, nicht wenige von beträchtlicher Größe.

„Paresü“ Bootsverleih am Hambuttenphul um 1916, Im Hintergrund das Bahnhofsgebäude Südende

Es gab dort anmutige Teiche und an einem dieser eine Badeanstalt. Daneben entstanden nach 1900 mehr und mehr dreigeschossige Mietshäuser. Die Siedlung um den Langensteiner Weg wurde erst im Jahr 1930 errichtet.
Der einstige Industriebau Südendes in der Kelchstraße 31, die 1926 von Fritz Höger gebaute Parfümerie Scherk, ist ein auffälliger roter Klinkerbau dicht an der Anhalter Bahn gelegen. Das Gebäude, das heute vom Institut für Pharmazie der FU Berlin genutzt wird, steht unter Denkmalschutz.
Bis 1920 war Südende noch ein Teil der Gemarkung Mariendorf im Kreis Teltow und somit ein Vorort von Berlin. Bei der Bildung von Groß-Berlin im selben Jahr wurde der Ortsteil ein Teil des 12. Berliner Stadtbezirks Steglitz.
Große Teile Südendes wurden bei einem Luftangriff am 23./24. Aug. 1943 zerstört, zwei weitere Kriegsjahre ließen kaum noch etwas übrig. Seit Ende der 50er Jahre setzte ein Wiederaufbau und eine völlige Neubebauung ein.
Das „Paresü“ (Parkrestaurant Südende), eines der bekanntesten Ausflugsziele, entwickelte sich seit 1902 zusehends zu einem beliebten Gartenrestaurant an der Bahnstation Südende (1880). Mit etwa 2.000 Plätzen, mit 16 Kegelbahnen, mit einem großen Tanz- und Sitzungssaal sowie Ruderbootverleih und Badeanstallt bot es den Besuchern vielfältige Abwechselung.

Das Parkrestaurant Südende („Paresü“) mit dem Ergänzungsbau von 1930 gegenüber vom S-Bhf. Südende am heutigen Steglitzer Damm, Abbruch 2003.

Nach der weitgehenden Zerstörung Südendes im Zweiten Weltkrieg begann 1946 der Wiederaufbau, allerdings weit bescheidener. Nach längerem Leerstand in den letzten Jahren wurde es samt dem dahinter liegenden Schützenhaus im April 2003 abgerissen. Seit dem befindet sich auf dem Gelände ein Discounter mit einem großen Kundenparkplatz.
An dem Karl-Fischer-Weg sind beiderseits noch zwei Restpfuhle erhalten. Unter dem Weg, der früheren Parkstraße hinweg konnten Ruderboote auf den Karutschenpfuhl gelangen, an dessen Ufer 1872/73 die prächtige neoklassizistische Villa gebaut wurde, die heute „Villa Limone“ ist, Grabertstraße 4. Fast ein halbes Jahrhundert (1946-2004) war hier die Musikschule Steglitz beheimatet.
Die dreigeschossigen Häuser der „Rauchlose Siedlung“ am Steglitzer Damm 13-45 haben keine Schornsteine, da sie mit Wärme aus dem Fernwärmenetz der Stadt versorgt werden. Erbaut hat sie die Gemeinnützige Bau- und Siedlungs-AG „Heimat“ 1931/32 nach Plänen der Architekten Paul Mebes, Paul Emmerich und Heinrich Straumer.

Meist Wohlhabende, die am Rande Berlins die ländliche Ruhe suchten, ließen sich hier nieder. Aber auch für andere wurde Südende zunehmend zu einem bevorzugten Wohnort und das noch heute.
Südende liegt an der gleichnamigen S-Bahnstation an der Anhalterbahn (1841) sowie der S-Bahnstation Attilastraße, vormals Mariendorf, an der Dresdner Bahn (1875). Der Ortsteil wird vom Steglitzer Damm, der bis 1957 Mariendorfer Straße hieß, durchzogen.
Der Name Südende ist keine Besonderheit in Berlin, es gibt aus der gleichen Gründerzeit auch die Bezeichnungen Ostend (Köpenick), Nordend (Pankow) und Westend (Charlottenburg).

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